Shake or stirred?
Das ist hier die Frage
Geschüttelt oder gerührt? Bei diesen handelsüblichen Cocktail Techniken sind wir unweigerlich in Gedanken bei James Bond. Kurioserweise hat dessen geschüttelter (Anti-)Martini (mit Gin und Wodka gemischt und einem großen Schwung italienischem Wermut) mit dem heutigen Klassiker “Dry Martini” nur noch so viel gemeinsam, wie das Rot und Grün auf einer Verkehrsampel. An anderer Stelle - der Geschichte des Martinis - darüber mehr.
Widmen wir uns nun dem Kern der Frage: Wann wird eigentlich geschüttelt oder gerührt - und warum?
Lassen wir hierbei die klassisch gebauten Highballs (wie z.B. den Scotch& Soda, Moscow Mule oder Dark& Stormy) mal galant außen vor, ist die Faustregel immer Folgende: Besteht der Drink lediglich aus alkoholischen Zutaten (und kann somit einfach gerührt werden) - oder sind ihm dickflüssige, schwer vermengbare Ingredienzien zugefügt? Diese - wie z.B. Säfte, Sirups, Liköre oder Milch, Eiweiß und Sahne - dienen als gutes Indiz für die Entscheidung, lieber zum Shaker zu greifen.
“Bei gerührten Cocktails geht es hauptsächlich um die aromatische Balance”, wie Philip Reim in seinem Blog “Eye for Spirits” formuliert. Zudem erzeugt das sanfte Rühren des Drinks eine geringe Menge an Schmelzwasser und verfälscht den Geschmack kaum.
Beim Schütteln hingegen wird der Cocktail innerhalb von wenigen Sekunden ins thermische Gleichgewicht gebracht - was bedeutet, dass es keinen makroskopischen Wärmefluss mehr gibt und die Temperatur innerhalb des Getränks überall gleich ist. Hierbei haben die zahlreichen Versuchsreihen von Dave Arnold (Liquid Intelligence) ergeben, dass eine Shake- Dauer von 10 bis 12 Sekunden ideal ist, um alle Zutaten optimal zu vermischen, sowie auf schnellstem Wege maximal zu kühlen und dabei (minimal) zu verwässern. Eine kalkulierte Menge an Schmelzwasser ist hierbei übrigens nicht als negativ
zu bewerten - sondern Teil der geschmacklich abgerundeten Perfektion. Die Geschichte des Shakers führt bereits in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Dem heutigen Cocktail Virtuosen stehen allerdings drei verschiedene, handelsübliche Modelle zur Auswahl: Der zweiteilige Boston Shaker (bestehend aus Glas und Metall), der aus zwei Metallbechern zusammengesetzte Tin- Tin (welcher im Vergleich zum Ersten schneller herunter kühlt und somit wenig Energie erfordert) und der dreiteilige Cobbler Shaker - dessen Aufsatz als Strainer in der metalligen Urnenform direkt integriert ist. Letzter wird in Japan übrigens aufgrund des berühmten soften “Hard Shakes” von der Cocktail Legende Kazuo Uyeda stark gehyped! In Europa ist dieser jedoch kaum verbreitet - da sich der Shaker aufgrund des entstehenden Vakuums recht schlecht öffnen lässt. Und zumal die spezielle Technik des Eisabrollens mit dem “Snap” - statt des brutalen Anschlagens des Eises beim herkömmlichen Shake - zwar virtuos aussieht, jedoch nicht als wirklich erwiesen gilt.
Generell wird beim Shaken eine gewisse Textur addiert, da hierbei Luftbläschen entstehen, welche als Schaumkrone ein angenehmes Mundgefühl mit sich bringen. Ich nenne es gerne eine weitere Erlebnisdimension. Da dieser Schaum allerdings nur kurz verbleiben würde, empfiehlt es sich, diesen mit frischen (Zitrus-) Säften (wie Zitrone, Limette oder Ananas) zu stützen.
Die Säfte müssen dabei meist ungeklärt sein - da die Klärung genau die chemischen Verbindungen entzieht, welche für den Schaum essentiell sind. Hierbei muss übrigens nicht zwangsläufig Fruchtfleisch enthalten sein - es reichen frische (naturtrübe) Säfte. Deren Zellwände enthalten nämlich die Polysaccharide wie Pektin, welche den Schaum fördern. Hat man dennoch Zweifel, ob die Säfte ungeklärt sein müssen, kann man den “Sodatest” machen: Man gießt hierbei den potentiell zu verwendenden Saft mit Soda auf um zu sehen, ob er in Verbindung mit der Kohlensäure bereits schäumt. Interessant zu wissen ist, dass die meisten Gemüsesäfte auch ungeklärt aufbrausend wirken.
Zudem empfiehlt sich für einen stabilen Schaum die Zugabe von Eiweiß. “Es sorgt zum Einen für ein weiches, samtiges Mundgefühl. Zum Anderen schwächt es den herben, tannin- artigen Geschmack von Fass gelagerten Spirituosen ab. ” so Reim. Zu beachten ist hier, dass Eiweiß niemals als erste Zutat in den Shaker kommt, damit der Alkohol oder die Säuren nicht denaturieren und das Eiweiß ausflockt.
Bei der Verwendung von Eiweiß gibt es mehrere Varianten, um optimale Ergebnisse beim Shaken zu erreichen. Eine sehr effektive Methode ist es, erst den “Dry Shake” zu vollführen (bei dem die ersten 10 Sekunden der Drink ohne Eiswürfel geschüttelt wird), dann das Eis zu addieren und in weiteren 10 Sekunden -beim sogenannten “Wet Shake” - den Drink zu perfektionieren. Die umgekehrte Reihenfolge - bei dem erst der “Wet Shake” erfolgt, dann das Eis entfernt wird und noch einmal “dry” geshaked wird - wird Aristotelis Papadopoulos zugeschrieben und soll am (Schaum)versprechendsten sein.
Auch beim Abseihen gibt es mehrere Ansätze. Manch ein Bartender setzt hierbei auf den Double Strain mit Hawthorne Strainer und Feinsieb, um sämtliche feine Festbestandteile herausfiltern zu können. Dies ist dem Schaum allerdings wenig zuträglich. Andere schwören darauf, wenig abzuseihen (d.h. mit dem Hawthorne Strainer falsch herum auf den Shakerbecher auszugießen) und somit viel stabilen Schaum zu gewinnen - jedoch auch mit feinen Überresten von Kräutern oder Fruchtfleisch rechnen zu müssen. Ich persönlich seihe gerne mit einem Schwung durch den Hawthorne Strainer in ein Feinsieb ab und mache mir dann im Anschluss aber noch die Mühe, mit einem Barlöffel im Sieb nachzurühren. So bekomme ich den für mich ideal gefilterten - und dennoch schaumig gerührten - Cocktailschaum.
Am Ende liegt die Wahl der bevorzugten Technik wohl im Ermessen des Cocktailkünstlers - denn Geschmack ist schlicht und einfach Geschmackssache ;)
Über die Autorin Doreen Philipp
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